Veranstaltung: | Kommunalwahlprogramm B´90/Die Grünen Frankfurt (Oder) 2019 |
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Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | KMV |
Beschlossen am: | 20.03.2019 |
Eingereicht: | 28.03.2019, 22:04 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Vernünftig haushalten – Verwaltung modernisieren (Haushalt und Verwaltung)
Text
Vernünftig haushalten – Verwaltung modernisieren
Ähnlich wie viele andere Städte in berlinferneren Gebieten des Landes befindet
sich Frankfurt (Oder) in einer finanziell schwierigen Situation.
Unternehmensschließungen, aber auch der jahrelange Rückgang der Bevölkerung und
die Alterung der Gesellschaft führten zu Einnahmeausfällen, während die Ausgaben
im Sozialbereich kontinuierlich stiegen und weiter steigen werden. Zudem sind
nicht alle Verwaltungsaufgaben ausfinanziert, die uns das Land übertragen hat.
Als Oberzentrum in Ostbrandenburg übernehmen wir außerdem viele Aufgaben für die
umliegenden Kommunen mit: Kultur, ÖPNV, Schulen und Kitas werden nicht nur von
Frankfurter*innen genutzt, sondern zu einem nicht unwesentlichen Anteil auch von
Menschen aus dem Umland. Das ist gut und richtig, führt aber auch dazu, dass wir
die finanziellen Lasten stärker tragen. All diese Rahmenbedingungen haben dazu
geführt, dass Frankfurt eine hochverschuldete Stadt ist. Wenngleich es 2018
erstmals gelungen ist, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, müssen wir nun bis
2030 Altschulden abbauen. Die Unterstützung des Landes durch die
Teilentschuldung ist dabei sehr hilfreich, gleichzeitig aber auch eine große
Herausforderung, weil wir hohe Eigenanteile erbringen müssen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten es für unverantwortlich, dass zukünftige
Generationen unsere Rechnungen begleichen sollen. Deshalb werden wir konstruktiv
daran mitwirken, die Verschuldung abzubauen und einen langfristig ausgeglichenen
Haushalt zu erreichen.Natürlich gehört hierzu, unser Haushaltssicherungskonzept
umzusetzen und kritisch zu begleiten, aber auch bei Bund und Land eine faire
sowie aufgaben- und bedarfsgerechte Aufteilung des Steueraufkommens
einzufordern.
Die Decke ist immer irgendwo zu kurz! Wir wollen die Bürger*innen bei der
Verteilung unserer knappen Mittel beteiligen. Dazu begrüßen wir es, dass 2019
erstmalig ein Bürger*innenbudget umgesetzt wird. Dies haben wir seit vielen
Jahren gefordert, unter der neuen Verwaltungsspitze wird es nun endlich
umgesetzt. Wir werden die Einführung konstruktiv begleiten.
Bürger*innen sollen den Haushalt so besser verstehen, eigene Vorschläge
einbringen und Prioritäten setzen, aber auch Einsparpotenziale aufzeigen und
über Vorschläge abstimmen können. Dadurch werden Entscheidungen sowohl
qualifiziert als auch eher akzeptiert. Auf Landesebene setzen wir uns für eine
Schuldenbremse mit Augenmaß ein. Notwendige Investitionen und Instandhaltungen,
insbesondere in der Infrastruktur und in der Bildung, dürfen nicht einem blinden
Spardiktat zum Opfer fallen, wenn deren Unterlassen zu noch schlimmeren
Zuständen führen würde. Unsere Grundaufgaben in der Daseinsfürsorge müssen wir
stets erbringen können.
Etwa zehn Jahre nach Einführung der doppelten Buchführung in der Stadtverwaltung
fehlen noch fast alle Jahresabschlüsse. Dieser Rückstand muss schnell bereinigt
werden. Erst dann lässt sich mit Soll-Ist-Vergleichen arbeiten und die Steuerung
der Verwaltungstätigkeiten über Kennzahlen und strategische Ziele wird möglich.
Wir müssen allerdings auch unseren Beitrag leisten und dieVerwaltungsabläufe
modernisieren. Bei allen Aufgaben muss geprüft werden, ob sie im bisherigen
Umfang oder überhaupt von der Stadt geleistet werden müssen. Die Sanierung des
Rathauses bietet auch eine gute Gelegenheit, Verwaltungsprozesse zu verschlanken
und zu digitalisieren. Die Stadtverwaltung muss ihre Dienstleistungen für die
Bürger*innen effektiv und kostengünstig erbringen.
In der landesweiten Diskussion über bessere Verwaltungsstrukturen setzen wir auf
die Stärkung Frankfurts als Oberzentrum. Eine solche Stärkung muss sich auch bei
der Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel zeigen. Wir wollen, dass
jede Maßnahme von den Bürger*innen her gedacht und umgesetzt wird, um dadurch
sicherstellen, dass gute kommunale Leistungen effizient, in guter Qualität und
bürger*innennah angeboten werden. Zur Stärkung der Effektivität des
Verwaltungshandelns und zur Erschließung von Einsparpotenzialen wollen wir eine
engere Zusammenarbeit mit den umliegenden Landkreisen, Ämtern und Gemeinden bei
der Erledigung von Verwaltungsaufgaben und bei weiteren kommunalen
Handlungsfeldern erreichen.
Außerdem muss die Arbeit der Eigenbetriebe und der kommunalen Unternehmen
ökonomischer werden. Zusammenarbeit oder die Integration einzelner Einheiten,
z.B. in der Verwaltung, sind in Betracht zu ziehen, wenn sich dadurch Aufgaben
bei gleicher oder höherer Qualität kostengünstiger erledigen lassen. Ein
Beispiel dafür ist die von uns mit angestoßene Kulturstrukturuntersuchung, mit
der erreicht werden soll, dass wir knappes städtisches Geld nicht für
Doppelstrukturen im Kulturbereich ausgeben, sondern es für das Kulturangebot
nutzen können. Den Verkauf von kommunalen Unternehmen, um kurzfristig
Finanzlöcher zu stopfen, lehnen wir jedoch ab. Insbesondere die gemeinnützige
Pflege gGmbH wollen wir als Teil der städtischen Daseinsvorsorge erhalten.
Privatisierungen müssen am Ende immer die Bürger*innen mit höheren Preisen teuer
bezahlen. Wir wollen prüfen, ob es nicht sinnvoll und kostengünstiger ist, fremd
vergebene Aufgaben wieder in die Stadtverwaltung zurückzuholen (z.B.
Abfallwirtschaft, Straßenreinigung oder Winterdienst).
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind der Auffassung, dass der Oberbürgermeister als
oberster Verwaltungschef und als Gesellschaftervertreter der kommunalen
Unternehmen darauf drängen muss, dass bei der Auftragsvergabe und Anschaffung,
z.B. von Softwaresystemen und beim Fuhrpark oder bei allgemeinen
Verwaltungsaufgaben, Synergieeffekte erzielt werden. Nicht jedes kommunale
Unternehmen muss das Rad für sich neu erfinden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, dass Sach- und Dienstleistungen für
die Stadt kostengünstig eingekauft werden, dabei aber auch sozial-ethische und
ökologische Vergabekriterien zu berücksichtigen sind. Im öffentlichen
Beschaffungswesen darf nicht auf Kosten der Umwelt oder zu Lasten von Menschen
gespart werden, die unter menschenunwürdigen Bedingugen arbeiten müssen.
Insbesondere der Kauf von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit ist
unbedingt zu vermeiden. Möglichst umweltfreundlich hergestellte Produkte aus dem
zertifizierten fairen Handel und aus der Region sollen bevorzugt werden, das
betrifft zum Beispiel Speisen, Getränken und Blumen. Frankfurt (Oder) soll sich
- möglichst gemeinsam mit Slubice - darum bewerben, "Fairtrade Town" zu werden
und sich im Beschaffungswesen an der Zielrichtung der kürzlich von der
Bundesregierung überarbeiteten Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie orientieren,
die an der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ausgerichtet ist.